Stuttgart 21: Bahn schiebt Eröffnung erneut auf 2027 – Technik-Crash behindert Tiefbahnhof

Die Deutsche Bahn hat am 19. November 2025 den geplanten Start des Stuttgart 21-Projekts endgültig abgesagt. Der unterirdische Stuttgarter Hauptbahnhof wird nicht wie versprochen im Dezember 2026 eröffnet – und das, obwohl die Bahn erst im Juni 2024 den Termin von 2025 auf 2026 verschoben hatte. Evelyn Palla, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, informierte den Aufsichtsrat und den Lenkungskreis, dass technische Probleme bei der digitalen Signaltechnik und der Bahnhofsbau-Integration den Start unmöglich machen. Ein neuer Termin? Noch nicht. Der wird erst Mitte 2026 erwartet. Was bleibt, ist ein Projekt, das immer mehr zu einem Symbol für Planungschaos wird.

Ein Projekt, das nie aufhört, sich zu verschieben

Stuttgart 21 begann 2010 mit großem Optimismus: Ein Kopfbahnhof wird abgerissen, ein unterirdischer Durchgangsbahnhof entsteht. Ursprünglich sollte alles bis Dezember 2019 fertig sein – für 2,5 Milliarden Euro. Heute? 11,45 Milliarden Euro. Und kein Ende in Sicht. Zwischen 2011 und 2024 wurde der Termin sieben Mal verschoben. 2016: 2024. 2019: 2025. 2024: 2026. Und jetzt? 2027. Vielleicht. Die Bahn sagt: "Wir arbeiten an einem validen Konzept." Das klingt nach einem diplomatischen "Wir wissen es noch nicht" – und das ist für viele Bürger in Baden-Württemberg kein Trost. Die Proteste begannen 2010. Sie sind nie verschwunden.

Was genau hakt? Die Digitalisierung, die niemand versteht

Die Hauptursache für die neue Verzögerung? Nicht die Bauarbeiten selbst – die laufen. Sondern die Technik. Die digitale Signaltechnik, die die Züge steuern soll, funktioniert nicht wie geplant. Laut dem Staatsanzeiger vom März 2024 warnte man damals bereits vor einer nicht rechtzeitigen Fertigstellung. Die Bahn hatte im April 2024 noch versichert: "Ab Ende 2025 Testbetrieb, Dezember 2026 Eröffnung." Jetzt? Keine Tests. Kein Betrieb. Nur noch Fragen. Experten sprechen von einem "Systemchaos": Hunderte Softwarekomponenten, die nicht miteinander kommunizieren, Sensoren, die falsche Daten liefern, Sicherheitssysteme, die sich gegenseitig blockieren. Es ist, als würde man ein Flugzeug bauen – und dann feststellen, dass die Navigationssysteme sich streiten, ob sie nach links oder rechts fliegen sollen.

Der Fachkräftemangel: Das Tabu-Thema

"Das Projekt entwickelt sich immer mehr zu dem Fiasko, das die Gegner vorhergesagt haben", sagt Christian Böttger, Bahn-Experte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Und er nennt den Grund, den die Bahn lieber verschweigt: Fachkräftemangel. Ingenieure, die sich mit digitaler Signaltechnik auskennen, sind rar. Die Bahn hat in den letzten Jahren zu viele Projekte gleichzeitig gestartet – von Hamburg bis München. Und plötzlich fehlt die Hand, die den Schalter umlegt. Die Bahn spricht von "Terminrisiken" – aber nie von Personalmangel. Das ist, als würde ein Architekt sagen, sein Haus bricht ein, weil "die Luft zu feucht" ist – und verschweigt, dass er keine Fundamente gezogen hat.

Die Kosten: Ein Loch, das tiefer wird

Die 11,45 Milliarden Euro, die das Projekt mittlerweile kostet, sind nur die Spitze des Eisbergs. Dazu kommen jährliche Zinsen, die sich aufgrund der Verzögerungen summieren. Die Bahn hat keine neuen Zahlen veröffentlicht – aber Experten schätzen, dass die Kosten bis 2032 auf über 12 Milliarden Euro steigen könnten. Das Geld kommt aus Steuermitteln, Landeshaushalten und Bundesmitteln. In Baden-Württemberg wurde 2011 in einer Volksabstimmung für das Projekt gestimmt – mit 58 Prozent. Heute? Die Zustimmung schmilzt. Wer zahlt, wenn das Projekt endlich fertig ist – und die Züge trotzdem nicht pünktlich fahren? Der Steuerzahler. Wieder.

Was kommt als Nächstes? Der Tunnel, der nie fertig wird

Noch nicht einmal der Pfaffensteigtunnel ist gebaut – der Tunnel, der den Flughafen mit der Gäubahn verbinden soll. Ohne ihn ist der Deutschland-Takt auf der Gäubahn unmöglich. Ohne ihn ist Stuttgart 21 technisch unvollständig. Und der Tunnel? Er steht noch auf dem Papier. Die Bahn sagt, er sei "nicht Teil der Eröffnung 2026" – aber er ist Teil des gesamten Konzepts. Und ohne ihn? Kein voller Betrieb. Kein Deutschland-Takt. Kein Erfolg. Das Projekt wird also nicht 2027 fertig sein. Es wird 2032 fertig sein. Und selbst dann bleibt die Frage: Hat es sich gelohnt?

Ein Projekt, das die Stadt verändert – aber nicht besser macht

Was viele vergessen: Stuttgart 21 hat auch positive Seiten. Der Bahnhof wird barrierefrei. Die Gleise werden unterirdisch verschwinden – und damit Platz für neue Stadtquartiere schaffen. Die Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm, die 2022 eröffnet wurde, funktioniert. Sie ist ein Erfolg. Aber das ist kein Stuttgart-21-Projekt. Das ist eine Nebenbahn. Der eigentliche Kern – der Tiefbahnhof – bleibt ein Traum. Ein teurer, verzögerter, technisch brüchiger Traum. Die Menschen in Stuttgart warten seit 15 Jahren auf einen modernen Bahnhof. Stattdessen bekommen sie ein Baustellendrama, das die Stadt in den Schatten stellt.

Frequently Asked Questions

Warum wurde Stuttgart 21 nicht rechtzeitig fertiggestellt?

Die Hauptursachen sind technische Probleme bei der digitalen Signaltechnik, die nicht wie geplant funktioniert, sowie ein massiver Fachkräftemangel in der Bahnbranche. Die Bahn hat diese Probleme lange nicht offen angesprochen, sondern nur von "Terminrisiken" gesprochen. Zudem wurden zu viele Projekte gleichzeitig gestartet, was Ressourcen überlastete.

Wie viel kostet Stuttgart 21 heute?

Aktuell liegt der Kostenschätzwert bei 11,45 Milliarden Euro – mehr als viermal so viel wie ursprünglich geplant. Die Kosten steigen weiter, da Zinsen und Verzögerungen addiert werden. Experten rechnen mit über 12 Milliarden Euro bis zur endgültigen Fertigstellung im Jahr 2032.

Wann wird der Bahnhof nun eröffnet?

Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Die Deutsche Bahn rechnet mit einer Bekanntgabe erst Mitte 2026, wenn ein valides Konzept vorliegt. Der vollständige Betrieb wird frühestens 2027 möglich sein – und das gesamte Projekt erst 2032 abgeschlossen sein.

Warum ist der Pfaffensteigtunnel so wichtig?

Der Tunnel verbindet den Flughafen Stuttgart mit der Gäubahn und ist Voraussetzung für den bundesweiten Deutschland-Takt. Ohne ihn kann Stuttgart nicht als Durchgangsbahnhof voll funktionieren – und die geplante Verkehrsverlagerung von Auto auf Bahn bleibt unvollendet. Er ist der letzte große fehlende Puzzleteil.

Hat Stuttgart 21 überhaupt noch eine Zukunft?

Ja – aber nur, wenn die Bahn endlich ehrlich mit den Problemen umgeht, mehr Fachkräfte anzieht und den Fokus auf die technische Umsetzung legt. Der politische Druck ist groß, aber die technischen Hürden sind größer. Viele Bürger fragen sich jetzt: Wäre ein modernisierter Kopfbahnhof nicht einfacher und günstiger gewesen?

Was bedeutet das für die Fahrgäste in Stuttgart?

Die Fahrgäste müssen weiterhin mit einem veralteten, überlasteten Bahnhof auskommen. Die Umsteigezeiten bleiben lang, die Barrierefreiheit unvollständig. Die Verspätungen auf der Strecke werden nicht besser – und die Verkehrswende leidet. Jedes Jahr Verzögerung bedeutet mehr Stress, mehr Umweltbelastung und weniger Vertrauen in die Bahn.